Für die meisten Menschen ist es wohl selbstverständlich, mit Veränderungen zu leben. Schauen wir zurück, ist unser ganzes Leben davon geprägt. Schauen wir aber nach vorne und fragen, ob jemand Lust auf ein paar Veränderungen mehr hat, meldet sich kaum jemand freiwillig. Transformationen nerven!
Wir lieben unsere Muster, denn diese sind ja bereits ein Resultat von Neuerschaffungen, und für diese mussten wir einen Preis bezahlen. Und doch muss es weitergehen mit uns als Menschheit, und so gehen zumeist ein paar Freiwillige mutig in das noch unbekannte Land, während andere den Status pflegen. Beide sind wichtig, damit das allgemeine Tempo stimmt.
Über diese individuellen Prozessespannen sich große, tiefgreifende und kollektive Transformationen. Vor fast 700 Jahren löste sich die Zeit des Mittelalters mit der Pestpandemie und dem Hundertjährigen Krieg in Europa langsam auf. Die damaligen Strategien zur Bewältigung von Umweltveränderungen kollabierten und es mussten neue Perspektiven und Überzeugungen her. Die Zeit der Aufklärung und damit der Vernunft bahnte sich ihren Weg und mündete geradewegs in die Industrialisierung. Der Mensch wurde zum rational denkenden und handelnden Wesen erklärt.
Für die Führung von Organisationen hält diese Zeitenwende in Richtung Zukunft besondere Aufgaben bereit. Führung heißt künftig die gute Moderation von heterogenen Gruppen. Diese brauchen „lediglich“ ein sinnstiftendes Angebot und zugleich alle Voraussetzungen, um prosperieren zu können. Denn wachsen möchte jeder. Selbst wenn es Veränderung bedeutet.
Klingt ein wenig idealistisch? Nur dann, wenn die Grenze zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern in den Köpfen noch existiert. Nicht jeder möchte Unternehmer sein, aber jeder möchte sein Talent ausprägen und dieses in den Dienst einer Sache von größerer Bedeutung stellen. Was kann das für eine große Sache sein? Zum Beispiel eine visionäre Idee. Eine Idee, die alle kreativen Kräfte mobilisiert und die Grenze des Machbaren weiter zu verschieben hilft. Darauf darf man auch stolz sein und andere dazu bewegen, es gleichzutun. So wird Veränderung nicht zur Bürde, sondern zur Motivation. Und diese wirkt erst recht ansteckend. Zukunft ist das, was wir daraus machen. Und es ist nur dann eine gute Zukunft, wenn wir niemanden in unserem großen System dabei zurücklassen.
Über den Autor: Kim Christopher Birtel arbeitet als freier strategischer Planer und Mediator in Veränderungsprozessen. Seit 2014 begleitet er unter der Führung der Ruess Group die Schubert-Gruppe. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Bestimmungsprozesse, Führungskompetenzen und Strategieberatung